Inmitten feierlicher Erfolge bereitet sich die Deutsche Lufthansa auf eine umfassende Führungsumstrukturierung vor, die auf den ersten Blick angesichts eines prognostizierten operativen Gewinns im Milliardenbereich überrascht. Dieser Schritt ist jedoch bei näherer Betrachtung keineswegs unangebracht. Die Lufthansa hat sich zwar eindrucksvoll von den Tiefen der Corona-Krise erholt, doch war dieser Weg mit erheblichen internen Konflikten und Tarifauseinandersetzungen gepflastert. Die dominante Marktstellung, insbesondere auf dem heimischen deutschen Markt, die es dem Konzern ermöglicht, hohe Ticketpreise zu verlangen, sollte nicht als Selbstverständlichkeit angesehen werden, besonders wenn Kundenkritik laut wird.
Trotz der Entwicklung einer neuen Kabinenausstattung, die allgemeines Lob findet, bleibt die Implementierung hinter den Erwartungen zurück – kein Passagier hat bisher auf den neuen Sitzen Platz genommen. Ebenso sind die zahlreichen digitalen Kundenservice-Tools, die der Konzern entwickelt hat, innerhalb des Gesamtkonzerns nicht nahtlos integriert. Es mangelt nicht an der Fähigkeit zur Innovation, jedoch scheitert die effektive Umsetzung häufig.
Der Aufsichtsrat der Lufthansa hat erkannt, dass eine effiziente Zusammenarbeit an der Spitze des Konzerns beginnen muss. Langjährige Machtkämpfe unter den Führungskräften müssen ein Ende haben, um nicht nur Deutschlands größte Fluggesellschaft zu bleiben, sondern auch global eine Spitzenposition zu beanspruchen.
Die Neustrukturierung des Vorstands sendet eine klare Botschaft an die Verbleibenden im Unternehmen, insbesondere an Michael Niggemann, den Personalvorstand, der erweiterte Aufgaben erhält, und an den Vorstandsvorsitzenden Carsten Spohr. Der radikale Umbau, der selten in einem Großkonzern zu beobachten ist, nutzt den idealen Zeitpunkt für einen Neuanfang, unterstützt durch das Auslaufen von Amtszeiten und altersbedingte Rücktritte.
Die Initiative für einen Wandel kommt zu einem kritischen Zeitpunkt, wobei der Aufsichtsrat geschickt kommuniziert hat, dass trotz der bisherigen Erfolge Veränderungen notwendig sind, um zeitgemäß zu bleiben. Dies unterstreicht die Rolle des Aufsichtsrats nicht nur als Beobachter, sondern als aktiven Gestalter.
Die Lufthansa steht auch vor der Herausforderung, eine neue Generation von Führungskräften intern zu entwickeln. Während Vorstandschef Spohr den Konzern maßgeblich geprägt hat und bis 2028 im Amt bleibt, fehlt es an sichtbaren Nachfolgern. Die jüngsten Entscheidungen des Aufsichtsrats zeigen eine strategische Weitsicht, die Lufthansa für zukünftige Herausforderungen rüsten soll.